Taschentuchspitzen – kleine Kostbarkeiten
Taschentücher mit Randspitzen waren immer eine kleine Kostbarkeit. Dienten sie in vergangenen Jahrhunderten oft zur Präsentation von Reichtum und Status in der Gesellschaft, erinnern sie heute an vergangene Zeiten. Das VSS Spitzenarchiv besitzt solch kleine Schätze. Gerne präsentieren wir davon eine kleine Auswahl in vier verschiedenen Spitzentechniken. Besondere Beachtung verdienen die Saumgestaltungen mit den entsprechenden Annähmethoden.
Gleich mit zwei Valenciennes Klöppelspitzen, einem Entre-deux, einer Randspitze und einem Baumwollband ist das linke Taschentuch geschmückt. Spitzen und Hohlsaumband sind maschinell hergestellt. Sie waren zur Zeit der Jahrhundertwende in Mode und konnten in Kurzwarengeschäften, Mercerie Abteilungen von Warenhäusern oder bei Hausieren gekauft werden. Die Methode, verschiedene Spitzen mit Bändern und Stoffresten miteinander zu komponieren war zu dieser Zeit sehr beliebt.
Ungefähr zur gleichen Zeit ist das Taschentuch daneben entstanden. Es handelt sich um eine rekonstruierte, manuell angefertigte Mechelner Klöppelspitze. Die ursprünglichen Spitzen dieser Art hatten ihre Hochblüte im 18. Jahrhundert. Das Nacharbeiten dieser Klöppeltechnik gehört heute noch zur grossen Kunst der handgefertigten Spitzen. Besonders harmonisch ist der breite Hohlsaum mit der speziellen Eckgestaltung an der Stoffkante. Das Säumchen ist sehr schmal, diskret und bildet trotzdem eine Akzentlinie.
Gleich anschliessend präsentiert sich eine echte Kostbarkeit, eine Nadelspitze. Die Spitze in Point de Gaze Technik hergestellt, dürfte um Mitte des 19. Jahrhunderts angefertigt worden sein.
Weil das zentrale Motiv aus dreidimensionalen Rosenblüten besteht, wird sie auch Point de Rose genannt. Typisch für die Zeit des Neorokoko sind neben Blüten reich dekorierte Ranken, Blätter und Medaillons.
Im Gegensatz zu den anderen gezeigten Taschentüchern ist hier die Annähkante äusserst schlicht und nur als Lochreihe im Inkrustierstich zu sehen. Diese Annähmethode eignet sich besonders gut für gewellte oder organisch geformte Spitzenkanten.
Ganz bescheiden kommt die Spitze des Taschentuchs ganz rechts daher. Es handelt sich um eine Strickspitze. Kunststricken war Mitte des letzten Jahrhunderts äusserst beliebt. Neben Deckchen in allen Grössen und Formen sind gestrickte Taschentuchspitzen selten zu finden. Besonders gelungen ist die Kombination der beiden Lochmustertechniken von Spitze und breitem Hohlsaum. Da die Spitze als Meterware gestrickt wurde, konnte an den gerüschten Ecken die vorhandene Länge angepasst werden.
Ruth Bühlmann